Information zu den Ausbildungszuschlägen in der Altenpflege

logo_nrwSehr geehrte Damen und Herren,

in den vergangenen Tagen wurden Sie von Ihrer Pflegeeinrichtung bzw. Ihrem ambulanten Dienst über eine Steigerung des von Ihnen zu zahlenden Zuschlags für die Altenpflegeausbildung ab dem 1. Januar 2014 informiert. Als Pflegeministerin unseres Landes wende ich mich heute persönlich an Sie, weil ich viel Verständnis dafür habe, dass die Erhöhung und die damit verbundenen Mehrkosten für Sie eine erhebliche Belastung darstellen. Gerne würde ich Ihnen die Hintergründe der Erhöhung persönlich erläutern.

Auch in Nordrhein-Westfalen ist der Fachkräftemangel in den Pflegeberufen leider schon heute Realität. Seit Jahren fällt es vielen Pflegeheimen und Pflegediensten schwer, ausreichend qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden. Die Folge ist, dass die vorhandenen Beschäftigten immer weniger Zeit haben. Menschliche Zuwendung fällt viel zu oft dem Zeitdruck zum Opfer und die Pflegekräfte müssen fast dauerhaft über ihre persönliche Belastungsgrenze hinausgehen. Viele halten das gesundheitlich nicht durch und scheiden vorzeitig aus dem Job aus. Und damit fehlen wiederweitere Pflegekräfte. Ein Teufelskreis!

Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen und Ihnen auch in der Zukunft eine gute und verlässliche Pflege zu sichern, haben Landesregierung und Landtag NRW im Jahr 2012 eine sogenannte Ausbildungsumlage in der Altenpflege eingeführt. Denn ein Grund für die Entwicklung ist, dass wir in ganz Deutschland seit Jahren zu wenige Nachwuchskräfte ausgebildet haben.

Das System der Umlage ist einfach: Bisher müssten nur die Pflegeheime und ambulanten Dienste die Ausbildungskosten bezahlen, die auch Auszubildende beschäftigt haben. Die Kosten haben sie – wie auch in anderen Ausbildungsberufen üblich – auf das von den Pflegebedürftigen an das Pflegeheim oder den ambulanten Dienst zu zahlende Entgelt umgelegt. Wer ausbildete, musste also höhere Preise berechnen und wurde hierdurch mit einem echten Wettbewerbsnachteil gegenüber den preiswerteren Einrichtungen ohne Auszubildende bestraft. Diesen Wettbewerbsnachteil beseitigt die Umlage, indem sie die Ausbildungskosten gleichmäßig auf alle Pflegeheime und ambulanten Dienste verteilt. Jetzt müssen alle Pflegeeinrichtungen gemeinsam für die Ausbildungskosten zahlen, ob sie selber ausbilden oder nicht. Das ist gerechter, denn auch die Pflegeheime und Dienste, die selbst nicht ausbilden, sind auf gut ausgebildete und qualifizierte Fachkräfte angewiesen.

Seit der Einführung der Ausbildungsumlage im Jahr 2012 stellen alle Einrichtungen und ambulanten Dienste den Pflegebedürftigen zur Refinanzierung der Ausbildungskosten nur noch einen für NRW einheitlich festgesetzten Zuschlag in Rechnung. Aber warum erhöht sich dieser Zuschlag seit 2012 bereits zum zweiten Mal? Weil die Einführung der Ausbildungsumlage in der Pflege in NRW ein echter Erfolg ist und die Ausbildungszahlen bereits im ersten Jahr um rund 20 % gestiegen sind. Und auch im laufenden Jahr erwarten wir einen weiteren Anstieg in ähnlicher Höhe. Dieser Erfolg sichert uns allen in Nordrhein-Westfalen einen ausreichenden Fachkräftenachwuchs und Ihnen ganz persönlich auch in Zukunft eine fachgerechte und menschenwürdige Pflege.

Mehr Auszubildende bedeuten aber auch steigende Ausbildungskosten. Während das Land die Kosten für den schulischen Teil der Ausbildung der Pflegekräfte trägt und hierfür im nächsten Jahr 58,3 Mio. Euro eingeplant hat (zum Vergleich: 2011 lag die Summe noch bei 34,7 Mio. Euro), werden die Löhne der jungen Auszubildenden von den Pflegeeinrichtungen und Pflegediensten in Form einer Umlage finanziert. Ihre erhöhten Ausbildungskosten geben die Pflegeeinrichtungen und Pflegedienste mit höheren Zuschlägen an Sie weiter.

Ich kann sehr gut verstehen, dass diese weitere Kostensteigerung für Sie persönlich eine große Belastung darstellt. Denn leider ist es nach wie vor so, dass die Leistungen, die Sie aus der Pflegeversicherung erhalten, Kostensteigerungen nicht berücksichtigen. Sämtliche Kostensteigerungen bleiben nach dem heutigen System der weitgehend starren Zuschüsse der Pflegeversicherung leider immer noch an den Pflegebedürftigen „hängen“. An dieser Situation können Landtag und Landesregierung leider alleine nichts verändern, weil die Pflegeversicherung in einem Bundesgesetz geregelt ist. Hier sehe ich deshalb einen dringenden Reformbedarf in der Pflegeversicherung und ich bin sehr froh, dass die Sozialministerkonferenz der Bundesländer in der letzten Woche die Bundesregierung per Beschluss aufgefordert hat, hier möglichst schnell eine Regelung für eine Kostenbeteiligung der Pflegeversicherung zu schaffen.

Bis eine solche Regelung aber existiert, gibt es leider zur gesetzlich vorgesehenen Umlage der Kosten auf Sie als Kundinnen und Kunden der Pflegeheime und ambulanten Dienste keine Alternative. So belastend diese Kostensteigerung für Sie aktuell ist und so dringend wir hier eine Reform der Pflegeversicherung benötigen: Ich hoffe, dass Sie Verständnis für die aktuelle Entwicklung haben. Gemeinsam sichern wir eine gute und menschliche Pflege in Nordrhein-Westfalen.

Mit freundlichen Grüßen

Unterschrift
Barbara Steffens